Um es mal vorweg zu
nehmen: ich habe nichts gegen Jutebeutel,
Jutebeutelträger und gegen Rapkonzerte sowieso nicht.
Heute soll es vor allem
um ein Phänomen gehen, das so im letzten Jahr besonders aufgetreten ist. Die
Situation sah folgendermaßen aus: Hip Hop war langweilig (Nicht tot, auch, wenn
ein gewisser Nas anderes behauptet). Wenn es soetwas wie eine Szene gab, war
sie aufgeteilt in mehrere Lager. Den Großteil machten natürlich irgendwelche
bauchtaschentragenden Flachpfeifen mit gefälschten Ketten aus. In deren Augen
gab es nur noch eine andere Gruppe, die höchstens gut genug war, um abgezogen
zu werden – die Studentenrapper. Mal ganz davon abgesehen, dass mit der
Rückkehr von Intelligenz und Anspruch
ein gewaltiger Schritt in Richtung Ursprung der Hip Hop- Kultur getan
wurde, wurde in dieser Richtung unfassbar viel Scheiße produziert. Nicht jeder,
der mit der damaligen Entwicklung unzufrieden war, konnte sich damit den
Rückhalt von Rapdeutschland sichern. Im November letzten Jahres schien es mir
dann, dass diese Kultur sich langsam
wieder in Richtung „annehmbar“ bewegen würde. Gut, das, was der Rest dieses
Landes von Hip Hop mitbekam, waren zwar immer noch schlecht rasierte, aber
breit gebaute Möchtegern-2Pacs, doch mit entsprechendem Suchaufwand, gab es
immer 3,4 Artists, denen man gern zugehört hat.
Mit Ausnahme der paar
Forentrolls, die es immer geben wird, war man sich aber im Großen und Ganzen
einig, dass Rap nicht scheiße war. Anfang dieses Jahres setzte dann aber irgendwie
ein Trend ein, seine Alben quasi als Gegenbewegung zur Gegenbewegung zu
veröffentlicht und durch ein besonders betontes, „indie“ Verhalten in anderen
Hörerkreisen zu fischen. Bisher war das nie in irgendeiner Weise problematisch,
da ja prinzipiell die Meinung vorherrschte, dass man nicht zur Hip Hop- Szene
gehören würde und sich absichtlich davon distanzierte. Natürlich sorgte das bei
manchen für seltsame Blicke, es war die Rede von „Schwuchteln“ oder „Emos“,
aber man konnte sich immerhin aus dem Weg gehen. Aber mit der Veröffentlichung
besagter Alben von Artists X und Y schwappte das plötzlich so ein bisschen ineinander.
Plötzlich konnte man auch irgendwelche Extensions, Sterntattoo und eben
Jutebeutel tragenden Individuen herumgeistern sehen. Prinzipiell ist das auch
nichts Schlimmes – im Gegenteil, ich finde es immer gut, wenn sich Menschen für
Hip Hop begeistern können. Aber bitte, bitte, bitte liebe Indiekids – dann richtig!
Ich könnte jedes Mal kotzen, wenn ich irgendwo höre oder lese „Normalerweise
höre ich ja garkeinen Rap, aber… Artist X ist ja sooo toll, der macht noch
richtig anspruchsvolle Texte!“. Nun, man kann halt schlecht über die Qualität
anderer Künstler urteilen, wenn man den Kopf so sehr in irgendwelchen
Körperregionen hat, so wie ihr. Bitte, geht auf die Konzerte, wenn es sein
muss, pumpt eure Last.fm- Profile mit tausenden Plays auf, aber erklärt mir
nicht meine Musik.
HIP HOP LIEBT EUCH NICHT!